eine Abteilung des SSV 90 Landsberg e.V.

Filipino Martial Arts, Kali/Arnis/Eskrima

Bei dem Wort Eskrima handelt es sich nicht um das olympische Sportfechten, sondern um eine philippinische Kampfsportart. Die Philippinen sind eine Inselgruppe und bestehen aus insgesamt über 7000 Inseln, wovon nur etwa die Hälfte einen eigenen Namen besitzen. Im Jahre 1521 griffen die Spanier unter Ferdinand Magellan die Insel Cebu an und konnten dort von den phillipinischen Fischern mit nur einfachen Waffen (Messer, Rattanstock, Lanze) gegen die gut bewaffneten Spanier - die mit Rüstungen, Musketen und Schwertern ausgestattet waren - erfolgreich verteidigt werden. Einige Teile der Philippinen wurden besetzt und hier vermischten sich mit der Zeit die Kulturen. 
Ein weiterer Beweis für die Effektivität dieser Kampfkunst ist die Tatsache, dass sich eine der größten Katana-Sammlungen (das sind die scharfen Schwerter der Samurai) auf den Philippinen befindet. Diese sind nach den Kämpfen zwischen Philippinos und den Samurai als Beute übriggeblieben. 
Ein anderer Name der das gleiche bedeutet ist Arnis oder Arnis de Mano. Im 16. Jh. wurde Arnis als "Sport der Könige" angesehen und von der Oberschicht des Landes trainiert, wobei auch die normale Bevölkerung gerne Arnis trainierte und es oft an Festen vorgeführt wurde. 

Arnis kann durch verschiedene Trainingsmethoden vermittelt werden:

  • als mit dem Partner abgesprochener Bewegungsablauf um Schläge, Blöcke und Entwaffnungen zu trainieren

  • als artistische Übung, bei dem wirbelnde Bewegungen überwiegend vorherrschen

  • als Freikampf

  • als Tanz, zur Förderung des Rhythmusgefühls und der Koordination. Dieser wurde ab dem Jahre 1764 stärker praktiziert, da den Spaniern diese Kunst zu gefährlich wurde und sie die Ausübung der Kampfkunst verboten. Als Tanz praktizierte Übungen ließen sie jedoch weiterhin zu und so konnten die Einwohner in abgewandelter Form ihre Techniken weiter üben.

Die Europäer kennen eher den Begriff Kali, der wundersamer Weise auf den Philippinen fast unbekannt ist. Dan Inosanto ein Freund Bruce Lee´s führt den Begriff auf die malayische Sprache zurück wo es Kahmot und Lihot heißt und soviel wie "Bewegung der Hände und des Körpers" bedeutet. Die Philippinen bestehen aus vielen kleinen Inselgruppen und durch die eingeschränkten Möglichkeiten zur damaligen Zeit, spezialisierten sich die Einwohner auf bestimmte Fähigkeiten (waffenlos, Umgang mit dem Stock, Verteidigung mit dem Messer). Heute da diese Barrieren nicht mehr vorhanden sind, bieten in der Regel die Schulen die komplette Ausbildung in allen Bereichen an. Kali, Arnis und Eskrima sind nicht die einzigen Kampfsportarten, die den Gebrauch von Waffen schulen, jedoch wird hier im Gegensatz zu anderen Systemen zuerst der Umgang mit dem Stock trainiert. Schlag und Blocktechniken müssen sowohl mit rechts als auch mit links eingeübt werden. Dies ist notwendig, da später dann mit zwei Stöcken/Messern gearbeitet wird. Es wäre sicher nicht optimal, wenn man sich selbst auf den Körper schlagen oder sich selbst schneiden würde, nur weil man mit der "schwächeren" Hand nicht umgehen kann.

Folgende Inhalte werden in diesen Systemen geschult:

Stock:

Der Stock ist die wohl bekannteste Waffe der philippinischen Kampfkünste. Wenn man mit ihm umgehen kann, ist die Übertragung dieser Fähigkeiten auf andere Gegenstände umsetzbar. Weiterhin ist er der Wegbereiter des Messers und des Schwertes. Der Stock wird in unterschiedlichen Materialien benutzt unter anderem in Rattan. Je nach Distanz zum Angreifer werden unterschiedlich lange Stöcke benutzt. Für normale Stockabwehrtechniken wird ein Rattanstock mit einer Länge von ca. 70 cm benutzt. Die genaue Länge ermittelt sich aus der eigenen Armlänge, so dass er zwischen 50 und 90 cm lang sein sollte. In der Sumbrada Distanz wird ein kürzerer Stock mit ca 62 cm verwendet und in der langen Distanz (Larga Mano) ist der Stock auch schon mal über einen Meter bis zur Schulerhöhe des Trägers. Die richtige Dicke des Stockes ermittelt man, in dem man diesen in die Hand nimmt. Wenn zwischen dem Fingern und dem Ballen ein kleiner Spalt ist, so ist er optimal. Dünnere oder dickere Stöcke liegen nicht richtig in der Hand und können Schmerzen in den Handgelenken verursachen.

Doppelstock:

Dieses Training fördert stark die koordinativen Fähigkeiten. Es wird gleichzeitig mit 2 Stöcken gearbeitet. Dabei werden im Training Schlagmuster einstudiert (Sinawalli). Diese können auch mit Stock und Messer oder Messer und Messer oder auch waffenlos geübt werden.

Dolch/Messer:

Seit Urzeiten wird das Messer vom Menschen zur Verteidigung und zum Angriff eingesetzt. Hier gibt es Vielfältige Trainigsmethoden (Drills) zur Verteidigung. Eine verletzungsfreie waffenlose Verteidigung gegen einen Messerspezialisten ist so gut wie unmöglich.

Zwei Dolche/Messer:

Die Übung mit zwei Messern entspricht dem der zwei Stöcke. Hervorzuheben sind hier die Gunting (Schere) Techniken, die darauf abziehlen den Angreifer mit einer Klinge zu schneiden und sofort mit der anderen zu sichern.

Bolo, Machete, Kurzschwert:

Die Machete ist ein wichtiges Werkzeug der Philippinos um sich im Dschungel einen Weg zu bahnen. Sehr schnell ist es auch als Waffe eingesetzt.

Zwei Schwerter oder zwei Macheten:

Auch hier werden die Prinzipien des Doppelstocks angewendet. Man vermutet, dass hier Kenntnisse der thailändischen Kampfsysteme (Krabi Krabong) Einfluß genommen haben.

Schwert und Dolch oder Stock und Dolch:

"Espada y Daga" nennt sich diese Methode und zeigt die stärkste Verbindung zu Europa. Das Schwert und der Dolch waren eine der meist eingesetzten Waffen der Renaissance. Es gibt einige Varianten zum Einsatz dieser Waffen, jedoch wurde sehr oft das Schwert oder der Stock in der rechten Hand gehalten um damit stechen bzw. schlagen zu können und das Messer wurde in der Linken gehalten um auch zu stechen oder schneiden zu können.

Schwert und Schild oder Stock und Schild:

Überall auf der Welt wurde das Schild in früheren Kämpfen zur Verteidigung eingesetzt. Man konnte Angriffe abblocken und auch mit dem Schild schlagen.

Panatukan:

Unter Panatukan versteht man die Kunst des philippinischen Boxens ohne Regeln. Die Bewegungen entstammen aus dem Doppelstocktraining.

Hubud Lubud, Cadena de Mano oder Mano Mano:

Alle drei Trainingsmethoden schulen die Sensitivität, das Timing, die Geschwindigkeit und die Koordination des Ausführenden in der nahen Distanz. Sie enthalten fortgesetzte waffenlose Angriffe, Hebel oder auch Gleichgewichtsbrüche, die in weiteren Techniken fortgeführt werden können.

Sikaran:

Im Sikaran werden auch überwiegend waffenlose Techniken eingesetzt, wobei hier auch die Beintechniken dominieren können. Das ist jedoch von System zu System unterschiedlich.

Dumog, Buno oder Buno Brazo:

Darunter versteht man im allgemeinen die Ringertechniken. Hier geht es im Wesentlichen um den Gleichgewichtsbruch und Gelenkhebel.

Flexible Waffen:

Außer der Peitsche werden auch oft Gürtel und Seile verwendet. Meistens werden diese Waffen in indonesischen Silat Systemen geschult. Gelegentlich benutzt man auch zusätzlich einen Stock oder ein Messer.

In den letzen Jahrhunderten hat sich die Technik auf den Philippininen durch den Einfluß der Spanier, Indonesier, Chinesen und Japaner weiterentwickelt. Wenn man die Gemeinsamkeit aller Systeme auf einen Punkt bringen möchte, so fällt folgendes auf:

  • sehr kurze Vorbereitungsbewegungen

  • flüssige Ausführung der Bewegungen

  • absolut einfache Techniken

  • ständiges Suchen nach einfacheren Bewegungen

  • Umsetzbarkeit auf andere Gegenstände

  • der Kraft des Angreifers nachgeben

  • arbeiten mit und ohne verschiedenen Waffen in verschiedenen Distanzen

Christian Braun